In der Ausgabe 06/2011 der Zeitschrift brandeins findet sich ein Interview mit dem bekannten Management- Vordenker Henry Mintzberg. Er hat 29 Manager bei ihrer Arbeit begleitet und festgestellt, dass der Hauptteil ihrer Arbeit vorwiegend aus dem Reagieren auf unvorhergesehene Ereignisse besteht.
„Die Hälfte aller Handlungen eines Vorstands dauert nicht länger als neun Minuten. Management besteht vor allem aus Unterbrechungen.“
Auch die Ausbildung von Managern vermittelt laut Henry Mintzberg alles andere als Bodenhaftung:
„Schaffen Sie MBA-Programme ab, die einem beibringen, dass man Unternehmen aus dem Fernsehsessel mit der Fernbedienung managen kann. Führungskräfte müssen die Produkte testen, dorthin gehen, wo sie hergestellt und verwendet werden, mit den Leuten reden. Sich nicht groß anmelden, sondern einfach hereinplatzen.“
Und weiter:
„Der Schlüssel zum deutschen Erfolg ist, dass die Manager aus den eigenen Reihen kommen. Die wissen, was vor sich geht. Ingenieuren kann man nichts vormachen. Schauen Sie Toyota an, der Autohersteller berief zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Ökonomen an die Spitze. Das hat den Konzern fast zerstört. Lieferanten beschwerten sich, Mitarbeiter in Japan gingen auf die Barrikaden, in den USA gab es Probleme mit der Fußmatte und dem Gaspedal. Das Management hatte keine Ahnung, was vor sich ging – im Gegensatz zu früher.“
Dort, wo Innovation und produktive Wissensarbeit langfristig erfolgreich stattfindet, wird man solche Fälle kaum vorfinden, sondern vielmehr überrascht sein, wieviel Bodenhaftung das Management hat. Vielleicht gibt es aber auch Unternehmen, in denen Bodenhaftung ähnlich schlecht für die Karriere ist wie zu viel Kreativität.
der wissensarbeiter
Das überrascht mich nicht. Ich habe lange in einer Ingenieursfirma gearbeitet (Hewlett Packard, als die Gründer noch lebten) und da schlägt der Geist des Ingenieurs auch durch.
Ausserdem voll unterstützen kann ich die Aussage: „Schaffen Sie MBA-Programme ab …“
Wir müssen unterscheiden zwischen:
– Facharbeiter: Die produzieren Produkte oder Dienstleitungen
– Managern: die verwalten die internen Prozesse der Firma
– Unternehmern: die arbeiten am Unternehmen um es attraktiv und effektiv zu machen.
Was uns wirklich fehlt sind die guten Unternehmern!
Ich bin Ingenieur. Freue mich über einen Titel „Ingenieure sind die besseren Manager“. Aber: Diese Aussage ist viel zu eindimensional. Sie spielt mir zu stark mit dem Stereotypen des Ingenieurs.
Natürlich haben Ingenieure mehr Bodenhaftung. Aber eben machmal zu viel. Was für mich zählt sind Manager welche wissen was sie können und was nicht. Manager welche sich auf einen Diskurs mit Vertretern aus verschiedenen Bereichen einlassen, zuhören und dann den Mut haben mit unvollständigen Informationen zu entscheiden.
Natürlich sind die Aussagen von Henry Mintzberg auch provozierend gemeint. Im Extremfall macht ein Ingenieur, der sich nie in die Rolle des Managers einfinden kann, weil er sich viel zu sehr mit seiner Bodenhaftung identifiziert, einen genauso schlechten Job wie ein Betriebswirtschaftler, der ausschliesslich auf die Zahlen schaut. Die richtige Mischung macht es aus und da sind in den beiden Kommentaren die richtigen Aspekte erwähnt:
Als Unternehmer agieren, nicht nur als Verwalter.
Mut zur Wissenslücke und Entscheidungen treffen, auch wenn es mal schief geht.
Offenheit für Informationen und Diskussionen aus vielen unterschiedlichen Fachbereichen.