Prof. Dr. Peter Kruse erklärt in einem Beitrag vor der Enquete Kommission des deutschen Bundestages vom 5. Juli 2010 sehr kurz und prägnant, wie Vernetzung die Gesellschaft und die Organisationen verändert. Seine Betrachtung aus systemischer Sicht zeigt, wie vernetzte Kunden, Mitarbeiter und Bürger nicht-lineare Systeme kreieren, die von aussen nicht mehr kontrollierbar sind und eine eigene Macht entwickeln.
Die drei wichtigsten Eigenschaften, enge Vernetzung, Spontanaktivitäten und kreisende Erregungen im Netzwerk, die Botschaften weitertragen und verstärken finden wir heute in unterschiedlicher Ausprägung fast überall. Kunden bewerten Hotels und schreiben Bemerkungen über ihren Aufenthalt, Mitarbeiter diskutieren in Social Networks in Unternehmen die zukünftigen Technologien oder Methoden und Bürger verabreden sich gemeinsam um totalitäre Regimes wie in Tunesien, Ägypten oder in Lybien zu stürzen.
Dieses nicht-lineare Verhalten verursacht uns Menschen schon immer Kopfschmerzen, da jetzt plötzlich Meinungsbildung stattfindet, die nicht mehr von aussen kontrolliert werden kann. Peter Kruse macht hier den Vorschlag, als Verantwortlicher wieder näher am System zu sein und mit hoher Empathie frühzeitig zum Beispiel einen Wertewandel im Unternehmen oder in der Gesellschaft zu erkennen.
Wenn die Theorie der vernetzten Systeme stimmt – und davon bin ich persönlich überzeugt – verlangt dies ein komplettes Umdenken was Führung anbelangt. Die betrifft sowohl Projektleiter, Manager als auch Politiker. Führung heisst dann weg von der Fernbedienung auf dem Sofa hinein in das System und aktive Beteiligung an der Meinungsbildung mit der Chance sehr früh Muster zu erkennen und daraus Handlungsmöglichkeiten abzuleiten um das System zu verändern.
Interessant finde ich den am Ende des Kurzvortrages sehr spärlichen Beifall. Ich werde irgendwie den Verdacht nicht los, dass von den Politikern die meisten nur „Bahnhof“ verstanden haben.