In letzter Zeit tauchen immer wieder neue Begriffe auf, die postulieren, den Begriff Knowledge Worker – also Wissensarbeiter – abzulösen. Wissensarbeit wird als „outdated“ und überholt beschrieben, da jetzt andere wesentliche Aspekte wichtiger sind. Jane Hart, die mit ihren Artikeln einen sehr grossen Beitrag zum Lernen im Unternehmen und auch zum individuellen Lernen leistet, hat, basierend auf einem Artikel von Jacob Morgan, den Begriff Learning Worker als Nachfolger des Knowledge Workers eingeführt. Was dabei beide Autoren vergessen haben ist die Tatsache, dass Knowledge Worker immer auch Learning Worker sind, da Wissensarbeit per Definition daraus besteht, sich zur Problemlösung neues Wissen anzueignen, also zu lernen. Lernen ist also in der Wissensarbeit fest eingebaut.
Ein Blick auf Wikipedia genügt: „Knowledge work requires continuous learning on the part of the knowledge worker“
Eine ähnliche Diskussion hatte ich vor einiger Zeit auf Twitter mit Jurgen Appelo, der den Begriff Creative Networker als Ablösung des Knowledge Worker propagiert. Selbstverständlich findet Wissensarbeit sowohl individuell als auch in Teams statt. Und Netzwerke sind für den Wissensaustausch essentiell. Das ist nichts Neues und bedarf erst recht nicht eines neuen Begriffs.
Auch hier reicht ein Blick auf Wikipedia: „The typology of knowledge worker roles suggested … are controller, helper, learner, linker, networker, organizer, retriever, sharer, solver, and tracker“
Es gibt also überhaupt keinen Grund, mit neuen Begriffen einen etablierten bestehenden Begriff abzulösen und dabei nur einen einzigen Aspekt des Gesamtkomplexes herauszustreichen.
Was ist dennoch der Grund für die Erfindung immer neuer Begriffe? Ein wichtiger Grund ist die Reduktion der Komplexität. Indem man einen Aspekt in den Mittelpunkt seiner Betrachtungsweise stellt, also Lernen oder Arbeiten in Netzwerken und die anderen diesem einen Aspekt unterordnet, modelliert man sich ein hierarchisches Modell und reduziert unzulässigerweise die Komplexität für das Gesamte.
Der andere Grund ist Marketing verbunden mit Analogiebildung. Sobald jemand einen neuen Begriff erfindet, der bei vielen Personen durch Analogiebildung eine Resonanz erzeugt, also eine gewisse Wiedererkennung zur Folge hat, ist es möglich mit diesem Begriff Wünsche und Bedürfnisse bei anderen Personen zu wecken.
Also liebe Leser, bitte lassen Sie sich nicht durch neue Begriffe verwirren, die aus welchen Gründen auch immer erfunden werden und suggerieren, dass ein anderer Begriff damit abgelöst werden soll. Was ich aber grundsätzlich gut finde, ist dass ein bestimmter Aspekt der Wissensarbeit näher beleuchtet wird und Experten zeigen, wie man als Wissensarbeiter hier besser werden kann. Und hierbei leisten sowohl Jane Hart als auch Jurgen Appelo einen grossartigen Beitrag. Aber deswegen einen etablierten Begriff abzulösen, dafür gibt es überhaupt keinen Grund.
Wenn schon keine neuen Konzepte, dann neue Begriffe 🙂