Ein Problem, das sowohl in Unternehmen als auch in der Politik immer wieder zur Unzufriedenheit über falsche Entscheidungen führt ist die Frage, ob Macht oder Kompetenz zur Entscheidung befähigt.

Wenn wir in der Politik die direkte Demokratie z.B. in der Schweiz betrachten, dann kann man sich schon auch mal die Frage stellen, ob alle Stimmberechtigten sich immer ausgiebig mit einem zur Abstimmung stehenden Thema beschäftigen. Nicht umsonst versucht die SVP bei jeder Abstimmung mit einfach zu vermittelnden Pauschalaussagen Wähler für ihre Ziele zu gewinnen. Bei der Vielzahl unterschiedlicher Themen ist es schon aus Zeitgründen nur schwer möglich, sich umfassend mit den Hintergründen zu beschäftigen. Der Bürger hat bei direkter Demokratie zwar die Macht, aber ob wirklich jeder Einzelne immer über die entsprechende Kompetenz verfügt um fundierte Entscheidungen zu treffen, sei hier einmal in Frage gestellt.

Das Abgeordnetensystem in anderen Ländern wie z.B. in Deutschland  mit der Wahl von Delegierten für vier Jahre führt allerdings erst recht zur Unzufriedenheit. Der Wahlkampf alle vier Jahre ist voll von unrealistischen Versprechungen, die nur dazu dienen, den Wähler für sich zu gewinnen. Grosse Versprechungen statt Fachkompetenz sind hier gefragt. Die Bürger sollen aufgrund der Wahlkampfprogramme entscheiden, wer das Land besser langfristig voranbringen kann. Einmal gewählt, legitimiert die Macht für vier Jahre zur Entscheidungsbefugnis.

Beide Systeme haben ihre Schwächen in Bezug auf die Kompetenz zur Entscheidungsfindung, wenngleich die aktuelle Diskussion in Deutschland um mehr direkte Demokratie das Schweizer System als nachahmenswert ansieht. In Wikipedia sind ebenfalls Argumente pro und contra direkter Demokratie aufgeführt, u.a.: „Die Bürger hätten oft nicht den nötigen Sachverstand und die nötige emotionale Neutralität, um komplexe politische Probleme zu bewältigen. Dagegen wird eingewandt, bei gewählten Politikern sei dies auch oft nicht der Fall. Die Befürworter der direkten Demokratie halten die Argumentation, das Volk sei politisch zu unwissend und unreif für eine direkte Demokratie, mit Verweis auf die positiven Erfahrungen der Schweiz für bloße Polemik. Außerdem brauche es, um Politiker, Abgeordneter und vor allem Minister eines Fachressorts zu werden, keiner speziellen Ausbildung oder Fachkenntnisse, und oftmals, so meinen Befürworter der direkten Demokratie, würden die Minister eines Kabinetts eher nach Loyalität zur Parteilinie als nach deren Kompetenzen eingesetzt werden.

Einen ganz anderen Ansatz, der die Kompetenz zur Entscheidungsfindung klar in den Vordergrund rückt, hat die Piratenpartei in Deutschland (siehe Bericht auf smartworkers) entwickelt. Über die Internet-Plattform LiquidFeedback kann jeder Teilnehmer für ein bestimmtes Thema die Entscheidung an die für ihn kompetenteste Person delegieren:

Über die Internet-Plattform wird nicht pauschal, sondern sachbezogen delegiert: Person A hält Person B für kompetent in Thema C. Also delegiert A seine Stimme an B. Diese Übertragung gilt aber ausschließlich für das Thema C. Sie kann jederzeit aufgekündigt werden und ist transparent für alle Mitglieder online einsehbar. Im Ideal fußt die Entscheidungsfindung der gesamten Partei auf diesem Weg ausschließlich auf Kompetenz. Experten sammeln Stimmen aufgrund ihrer Sachkenntnis und Know-how siegt über Politik. So weit das Ideal. Inwieweit das in der Praxis funktioniert, wird spannend zu beobachten sein.

Direkte Demokratie mit Delegation. Eine Idee, die in der Familie, in Vereinen und natürlich auch in Firmen mal im Kleinen ausprobiert werden sollte. Die Macht den Kompetenzträgern! Ein kleines Problem bleibt allerdings: wie soll der Bürger jedes mal entscheiden, wer besonders kompetent ist und wem er seine Stimme delegieren soll? Hier könnte das Internet mit Bewertungen wie bei eBay oder Kommentaren wie bei Amazon helfen, Transparenz zu bringen. Wäre in Anbetracht der zunehmenden Politikverdrossenheit in Deutschland zumindest mal einen Versuch Wert, oder?

der wissensarbeiter

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