Gemäss dem Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (IFAA) rangiert das Thema „Führungsmanagement“ bei vielen Unternehmen ganz oben auf der Liste der Top-Themen. Gleichzeitig hat eine von Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der FH Osnabrück, durchgeführte Studie ergeben, dass es keinen Zusammenhang zwischen Führungserfahrung und Führungskompetenz gibt. Einfach ausgedrückt heisst das, dass gemäss Kannings Studie Führungskräfte während ihrer Laufbahn keine oder nur unwesentlich an Kompetenz gewinnen.
Jetzt kann man natürlich spekulieren, was wohl die Gründe für dieses Resultat sein könnten. Auch wird jeder von uns Beispiele von Führungskräften kennen, die nicht diesem Resultat entsprechen. Vor einiger Zeit habe ich mir, ausgelöst durch die Ergebnisse einer Umfrage, bereits in einem Artikel die Frage gestellt, ob Führungskräfte wirklich Wissensarbeiter sind. Und hier könnte natürlich ein Grund dafür liegen, dass in vielen Organisationen, die zu bürokratischen Strukturen neigen, Führungskräfte zu Routinearbeitern geworden sind und sich dadurch kaum zusätzliche Kompetenzen aneignen können. Die Diskussion mit einer Mitarbeiterin eines grossen Unternehmens in der Schweiz am Wochenende, hat diese Wahrnehmung nochmals bestärkt. In ihrem Unternehmen werden Manager, die low-risk Projekte verantworten gegenüber denen, die sich in sehr innovativen und daher auch risikoreichen Projekten und Initiativen engagieren, klar bevorteilt. Persönliche Boni und Beförderungen werden nach der Anzahl erfolgreicher Projekte vergeben, egal ob high-risk oder simpel und vorhersagbar. Unternehmerisches Denken wird so auf die eigene Karriere und den eigenen Geldbeutel fokussiert. Auf die Frage, warum das Unternehmen dann noch erfolgreich ist, antwortete sie mir, alle Konkurrenten machen das genauso. Wirkliche Innovation wird dadurch noch möglich, indem Startups mit innovativen Produkten einfach übernommen werden.
Das ist eine interessante Entwicklung, die sich möglicherweise mit dem zunehmenden Eintritt der Generation Y in den Arbeitsmarkt noch verstärken wird. Generation Karriere in den Grossunternehmen, Generation Innovation in kleinen und beweglichen Startups und KMUs. Wenn das wirklich so passiert, dann wird es interessant sein, zu beobachten, wie lange dieses Ökosystem im Gleichgewicht bleibt und was passiert, wenn das ganze System kippt. Aus irgend einem Grund fallen mir gerade die Dinosaurier ein…
Hat dies auf hzaborowski rebloggt und kommentierte:
Wenn Erfahrungen die Führungskompetenz nicht verbessern, dann ist Führung wohl doch eher etwas, was in meiner Persönlichkeitsstruktur angelegt ist – oder eben nicht. Oder?
Führungsfähigkeiten haben sicherlich auch mit der Persönlichkeitsstruktur zu tun. Aber das heisst ja nicht, dass man diese Fähigkeiten nicht auch verbessern kann. Lernen kann man allerdings nur wenn man ausserhalb der Komfortzone der Routinearbeit agiert. Und das ist bei vielen Führungskräften nicht sonderlich beliebt. Der Stress durch eine Vielzahl von Projekten und Initiativen mit unzähligen Meetings lassen den Führungskräften oft auch gar keine andere Wahl als sich nur noch auf Routinearbeit zurückzuziehen und irgendwie zu schauen, dass alles noch einigermassen läuft.
Ein wirklich spannender Artikel! Danke dafür!
Meine Frage in die „Runde“: Ist das von Ihnen beschriebene Phänomen nicht vielleicht auch auf eine mehrdimensionale Ursächlichkeit zurückführbar? – Die Führungskompetenz ist in Grundzügen sicherlich in Persönlichkeitszügen angelegt und damit nicht veränderbar. Darauf aufbauend (oder eben auch gerade nicht) kann die Kompetenz beeinflusst werden: Durch Erfahrungen, Trainings, Coachings. Die strukturellen Rahmenbedingungen, die in einem Unternehmen gegeben sind beeinflussen dies natürlich ebenso. Genauso wie die gesamtgesellschaftlichen Aspekte, in die ein Unternehmen eingebettet ist…. Was denken Sie?
Danke für die interessante Frage. Meiner Meinung nach sind die strukturellen Bedingungen in Unternehmen oft schuld daran. Viele Unternehmen starten zu viele Projekte und Initiativen gleichzeitig. Daher oft die Überlastung und der Rückzug zu einfachen Routinetätigkeiten, bei denen kaum mehr Lernen stattfindet. Soll dann die Führungskraft mal ein Konzept für irgendetwas ausarbeiten, wird das dann sofort delegiert, man ist ja schliesslich Führungskraft! Mit der Zeit gehen dann viel Sachverstand und Problemlösefähigkeiten verloren. Beides muss aber erhalten bleiben, damit eine Führungskraft auch mit einer Vision sein Team führen kann und weiss wie Wissensarbeiter arbeiten müssen um erfolgreich zu sein. Das Unverständnis für Wissensarbeit ist oft dort am grössten, wo die Führungskräfte selbst aus den oben genannten Gründen keine Wissensarbeiter mehr sind.